Durstig nach Leben - Impuls von Erzabt Wolfgang Öxler OSB

DurstDurstig nach Leben


Am Eingang unserer Klosterkirche, bei den Weihwasserbecken wird uns die Begegnung mit Jesus und der Frau aus Samaria vor Augen geführt. (Joh 4,1-30) Die Samariterin kommt zum Brunnen, um Wasser zu schöpfen für ihren Durst. Ihren Durst nach Liebe und Glück hat sie in den Beziehungen zu ihren Männern zu stillen versucht- doch nie lange, nie bleibend. So groß ist ihre Sehnsucht, dass sie unstillbar bleibt.
Durch die Begegnung mit Jesus wird ihr Leben im guten Sinne „frag-würdig“. Diese Begegnung kann auch in mir Fragen aufwerfen. Genügt dir das, was im Moment dein Leben ausmacht? Brauchst du alles was du festhältst? Erweisen sich in der Nähe Jesu nicht manche deiner Einstellungen und Urteile als oberflächlich und vordergründig? Ich habe es satt, nur satt zu sein! Ich will mehr. Mein Lebensdurst ist noch nicht gelöscht. Wonach dürstet es mich in meinem Leben? Jeder Mensch möchte sinnvolles, gelingendes Leben.

Wo Gefahr ist wächst auch das Rettende


Der Ort wo diese Begegnung stattfindet ist der Jakobsbrunnen in Sychar. Das heißt übersetzt: Verstopfung – Ort des Staus. Das ist auch gerade von vielen Menschen die innere Befindlichkeit. Es stauen sich in uns die Gedanken, die Ängste, Gefühle und Existenzsorgen. Das ist auch eine Erfahrung dieser Frau. Statt Glück, das sie suchte, kamen Enttäuschungen. Oft müssen wir falsche Glücksversprecher durchschauen, die aus unserem Haben-Wollen entspringen. Es ist eine Gnade, wenn wir erkennen und uns danach ausrichten, dass wahre Liebe sich verschenkt und zuerst das Glück des andern sucht. Hölderlin sagt einmal: „Wo Gefahr ist wächst auch das Rettende“. Sie begegnet Jesus ihrem Retter, der ihre Suche nach Lebenslust und Glück nicht verachtet. Das ist der Augenblick, der das Leben dieser Frau verwandelt, weil Jesus sie so annimmt, wie sie ist.


Lass dir einen Lebensdurst nicht nehmen.


Der Durst, den es heute zu stillen gilt, ist der Gleiche wie zu Zeiten Jesu: Es ist der Durst nach Leben in Fülle. Es ist der Durst nach Sinn und Erfüllung. Es ist der Durst nach Liebe, nach einer Beziehung zu Menschen und zu Gott. Die Frau am Jakobsbrunnen erkennt in Jesus letztlich den Messias – er ist die eigentliche Quelle des Lebens für sie. Die Frau aus Samaria will auch mich zum Brunnen meiner Sehnsucht führen, auf dessen Grund mir Gottes Angesicht begegnen will.


Ob ich es wage, - wie sie- noch „mehr“ vom Leben zu erwarten?

Ob ich es wage, meiner Sehnsucht auf den Grund zu gehen?

Ob ich es wage, mich der Wahrheit meines Lebens zu stellen?