Denn siehe - Impuls von Erzabt Wolfgang Öxler OSB

KreuzGeschichte vom Holz

Peter geht mit seinem Großvater aufs Eis. Der kleine Peter tanzt auf dem Eis und bricht ein. Der Großvater legt sich auf das Eis und streckt ihm seinen Gehstock entgegen, an dem sich der Junge herausziehen kann. Ein paar Tage später stirbt der Großvater durch die starke Unterkühlung. Als nach einiger Zeit die Eltern das Zimmer des Großvaters ausräumen ist da der Stock, den die Mutter auch weggeben will. Als Peter dies sieht ruft er laut; Nein, denn dieses Stück Holz hat mir mein Leben gerettet.     

Nicht das Holz hat den kleinen Peter gerettet, sondern der Großvater. Wenn wir heute das Kreuz verehren ist uns auch sehr wohl bewusst, dass es Jesus Christus ist, der uns durch seinen Kreuzestod errettet.


Kreuz als Zeichen der Gegensätze

Für den einen ist das Kreuz Christi Torheit, für den anderen Gottes Kraft (1 Kor 1,18).  Unser Leben ist auch geprägt von diesen Gegensätzen: Tag - Nacht, Freude – Leid, Sommer – Winter,  Leben und Tod. Im Moment werden wir von vielen Todesnachrichten überschwemmt und sehen zusätzlich auch noch die Bilder der Särge. In Italien sind schon sechzig Priester verstorben. Der Papst nannte sie die Heiligen von nebenan. Wir werden täglich mit Leid und Tod  konfrontiert.  Der Philosoph Heidegger prägte den Satz: „Das Leben ist ein Sein zum Tod“. Das Kreuz ist aber auch das Zeichen unserer Erlösung. Erlösung heißt: ER – löst. Es geht nicht um eine Ich-Lösung.

Jesus der Mit-Leidende

Das Christentum  ist eine Religion, die Mitleid hat, weil es an einen Mit-leidenden Gott glaubt.  Jesus hat das Leiden nicht durchdacht, sondern selber durchlitten.  Sein Tod war eine Konsequenz seiner Liebe. Bis zum bitteren Ende musste Jesus die Gottverlassenheit im Tode aushalten, ohne den Glauben an Gottes Hilfe und Rettung aufzugeben.  Er klagt seinen Vater nicht an und verurteilt nicht seine Peiniger. Jesus hat diese mitleidende Liebe konsequent gelebt. Die Grausamkeit der Menschen triumphiert nicht, sondern seine Liebe ist stärker als alle menschliche Bosheit. So verehren wir sein Kreuz, weil an ihm das Heil der Welt gehangen, der das Leid durchlitten hat und mitleidet. Wir dürfen mit all unseren Nöten, all unseren Fragen und ungelösten Problemen zu IHM kommen. Es gibt immer eine Antwort. Und die Antwort des Gekreuzigten ist auf jede Frage die gleiche: Ich liebe dich doch. Das Kreuz ist nicht die Enträtselung der Lebensfragen. Aber es ist eine Antwort. Dass Gott im Leiden nicht abwesend ist, sondern mittendrin. Am Kreuz stirbt die Liebe; hier bezeugt Gott selbst, was er ist: Hingabe und Liebe über Liebe. Im Blick auf den, der dort hängt, sehen wir die Gesichter der Leidenden und Geschundenen unserer Welt hier in unserer Nähe und überall. Der Stock des Großvaters erinnert den kleinen Peter an seine Rettung. Das Holz des Kreuzes  erinnert uns, dass wir heute mit unserer Klage kommen dürfen und, dass Gott in unserem Leid mit uns geht und zur Auferstehung führen möchte. Wer sich am Kreuz festhält, der findet festen Halt im Kreuz. Wer das Kreuz aufrecht hält, den wird das Kreuz aufrecht halten.