Glockengeschichte

Historische und aktuelles Geläute der AbteikircheGlocken

Wenngleich die Glockengeschichte unserer Klosterkirche im Vergleich zu anderen Kirchen sehr überschaubar ist, ist sie deshalb nicht weniger intensiv.

Als am 29. Juni 1903 die neu errichtete Herz-Jesu-Kirche in Sankt Ottilien geweiht wurde, besaß sie noch keine Glocken.

Das erste Geläute mit der Disposition H - d - e - fis - a - h wurde 1905 bei der Glockengießerei Fritz Hamm in Augsburg gegossen. Der Gesamtklang des Geläutes wurde als „sehr gut und festlich“ beschrieben, „die Herz-Jesu-Glocke (Nominal H) war von großartigem Klang dank der sonoren Unteroktav“. Die hohe musikalische Qualität dieses Geläutes führte zu einer günstigen Einstufung, so dass es der Abnahme 1916/17 entging. Ganz rigoros wurden diese Glocken allerdings im Zweiten Weltkrieg entfernt, weil sie nicht von besonderer historischer Bedeutung waren.

Nach der Rückgabe des von den Nazis beschlagnahmten Klosters an die Mönche, standen zunächst andere Sorgen im Vordergrund und für knapp zwei Jahre lag Stille über unserem Klosterdorf. Erst zum Benediktusjubiläum 1947 – dem 1400. Todestag des Heiligen – erklang in St. Ottilien wieder eine erste Bronzeglocke (Nominal B), die in der Glockengießerei Carl Czdnochowsky in Erding gegossen und unserem heiligen Mönchsvater Benedikt geweiht wurde. „Eine herrliche Prachtglocke, mit einem majestätischen, runden, weichen Vollton.“

Diese Benediktusglocke bildete einige Monate die einsame Grundlage für das folgende erste Ottilianer Nachkriegsgeläute, das allerdings aus einem günstigeren Glockenmaterial bestand: Drei Euphonglocken mit den Nominalen des - f - as sowie eine Glocke aus Zinnbronze (Nominal b) wurden 1948 zur Benediktusglocke hinzugegossen. Das Gesamtbild der Schlagtöne „weist eine absolute Geradlinigkeit der Stimmung auf … In absoluter Reinheit erstrahlen die Mollterzen, die dem Klang ein ungemein weiches Gepräge geben. Die prächtigen Unteroktaven verleihen den Glocken angenehme Fülle, Kraft und Wucht.“ Auf Anraten des Glockensachverständigen wurde noch eine weitere Euphonglocke (Nominal es) in Erding gegossen. Die Disposition des zweiten Geläutes lautete B - des - es - f - as - b.

Glockenweihe
Hier finden Sie das Heft zur Glockenweihe 2019 (Bild anklicken)

Mit dem Gelingen des Gusses kam der Gedanke auf, „dass wir eigentlich noch eine ganz große Glocke haben sollten“. So entstand, nachdem der Glockenstuhl wesentlich umgebaut wurde, die 106 Zentner schwere Salvatorglocke, die am 21. Oktober 1949 in den Turm aufgezogen werden konnte. Mit ihrem Durchmesser von 2,18 m passte diese allerdings - anders als alle bisherigen Glocken - nicht durch die „Heilig-Geist-Öffnung“ im Chorgewölbe, sodass sie mit vier Flaschenzügen quer über das Dach des linken Seiten- und Querschiffes hinweg in den Glockenstuhl gebracht werden musste. Zum großen Erschrecken aller passte ihr Klang (Nominal Fis) nicht zu den vorhandenen Glocken, sodass man vor die traurige Alternative gestellt wurde: Entweder die Salvatorglocke oder das übrige Geläut. Man entschied sich dafür, die Salvatorglocke zu behalten. Und so wurden die anderen Glocken durch ein Geläute aus Zinnbronze mit den Nominalen A - H - cis - e - fis - gis ersetzt. Die Gießerei, der die mangelnde Abstimmung ja auch peinlich war, hatte sich zu diesem Umtausch bereit erklärt. Um den E-Dur-Akkord auszubauen, wurde noch eine weitere Glocke (Nominal h) angeschafft, die allerdings nicht in Erding, sondern in Heidingsfeld gegossen wurde. Das neue Bronzegeläut wurde am 4. November 1950 konsekriert und dann in den Turm aufgezogen.

Nach knapp 70 Jahren haben wir uns - im Zuge der anstehenden Turmsanierung - dazu entschieden, die Tonlücke zwischen den Glocken gis und h zu schließen: Es wurde eine neue Bronzeglocke (Nominal a) in der Glockengießerei Grassmayr gegossen, am Benediktusfest 2019 geweiht und schließlich - zusammen mit ihren Schwestern - im neuen Holzglockenstuhl befestigt.

Mögen unsere neun Glocken noch lange ihre Aufgaben erfüllen, auf dass in Allem Gott verherrlicht werde!
 

 

 

 

Zitate: Unterlagen im Archiv der Erzabtei St. Ottilien