Die Predigt zum Benediktusfest von Erzabt Wolfgang Öxler OSB

GlockenweiheGlockenschlag (Br. Odilo)

1 ) Glockenklänge des Lebens

Erich Kästner hat ihre Funktion in "Glockenklänge des Lebens“ kurz und knapp auf den Punkt gebracht: „Wenn im Turm die Glocken läuten, / Kann das vielerlei bedeuten. Erstens: Dass ein Festtag ist. / Dann: Dass du geboren bist. Drittens: Dass dich jemand liebt. / Viertens: Dass dich‘s nicht mehr gibt.“ Die Reise unseres Lebens von der Wiege bis zur Bahre wird begleitet von den Kirchenglocken. Die Glocken helfen uns zu unterscheiden zwischen Werktag und Sonntag, zwischen Alltag und Feiertag.

- Am Morgen wecken sie uns und erinnern uns daran Gott zu danken und schon frühmorgens den Tag unter Gottes Segen zu stellen.

- Am Mittag laden die Glocken ein zum innehalten auf der Höhe des Tages.

- Am Abend läuten die Glocken zur Vesper und Komplet. Wir dürfen voll Dank und Zuversicht den zu Ende gehenden Tag der Barmherzigkeit Gottes anvertrauen.


- Akustisches Signal - Gott ist gegenwärtig, es wird Gottesdienst gefeiert. Dem Gottesdienst soll nichts vorgezogen werden. Zeichen geben. Mache eine Pause bei Gott. Glocke mahnt uns unseren Alltag zu unterbrechen. Täglich ließ ihm der Mönch Romanus aus einem benachbarten Kloster in Vicovaro an einem Seil ein Brot herab, eine Glocke am Seil gab dazu das Zeichen. Der alte Feind zerstörte die Glocke.

-  Es ist also nicht so abwegig, wenn wir sagen, dass mit den Glocken uns auch Gott zu erreichen sucht. Indem die Glocken vom Geheimnis der Zeit und vom Sinn unseres Lebens künden. sprechen sie direkt oder indirekt von Gott. Gott hält unsere Zeit in seinen Händen. Die Glocken verkünden dies auf ihre Weise.

Glockenschlag (Br. Odilo) .

2. Was ist mein Ton?

Die Glocke hat den Ton a 1 . Was habe ich für einen Ton in meinem Leben. Klingt es bei mir noch wenn ich angeschlagen werde. Der hl. Benedikt sagt. dass Herz und Stimme im Einklang sein sollen beim Beten. Oder noch stärker im Korintherbrief zitiert: Wenn ich keine Liebe in mir habe dann klinge ich wie dröhnendes Erz oder eine lärmende Pauke. ( 1 Kor 13) Die Glocke soll mich daran erinnern, dass mein Leben gestimmt ist, ja dass mein Leben stimmt. Sie erinnern uns schon durch ihren Klang an die Höhen und Tiefen unseres Lebens, an die Vielfalt und Andersartigkeit der Menschen. Aber gerade in ihrer Vielfalt, wenn sie auch jeweils auf einen eigenen Ton eingestimmt sind, so dass wir von einer fis-Glocke, einer h-Glocke und einer a-Glocke sprechen, gut zusammenklingen, ein eindrucksvolles Geläut ergeben. Die Glocken laden uns ein darauf zu schauen, dass wir zusammenklingen.

Glockenschlag (Br. Odilo)


3. Märtyrer GlockeGlocke

So ist es verständlich, dass wir manchmal Glocken fast wie Personen behandeln. Sie rufen ja auch und haben eine Stimme. Darum ist es auch ein guter Brauch, dass die Glocken Namen erhalten. Mit der Glocke „Glaubenszeugen“ möchten wir den Märtyrern von Tokwon, ihrem christlichen Lebens und Leidensweg eine Stimme geben. Die Glocke erinnert an 38 Mitbrüder und Schwestern, die während des Koreakrieges Anfang der 1950er Jahre hingerichtet wurden beziehungsweise in Gefängnissen starben. Ihnen zu Ehren sind auf der Glocke neben dem Wappen von St. Ottilien (Lumen caecis - Licht den Blinden) koreanische Schriftzeichen beigefügt mit dem Wappenspruch der Abtei Tokwon. Charitas Benigna (Die Liebe ist gütig) desweiteren: Abtei Tokwon (1927 I949) ABTBISCHOF BONIFATIUS SAUER OSB, P. BENEDIKT KIM OSB MIT GEFÄHRTEN. Das Geläut der Glocke ruft uns zum Fürbittgebet um Glaubensstärke, Trost und Hoffnung auf.

Diese Glocke auf dem Turm von uns Missionsbenediktinern soll auch darauf hinweisen: Christ sein war noch nie so gefährlich wie heute. Nie zuvor sind so viele Christen diskriminiert, bedroht und verfolgt worden. Mehr als 200 Millionen Christen sind betroffen und die Tendenz ist steigend. Obwohl das Recht auf Religionsfreiheit seit Jahrzehnten als grundlegendes Menschenrecht international anerkannt ist, wird es in der Praxis in zahlreichen Regionen der Erde bis heute auf vielfache Weise missachtet. In rund 50 Staaten werden Menschen in ihrer Religionsausübung behindert und in etlichen davon kommt es zu schweren Verletzungen der Religionsfreiheit. Wenn wir heute diese Glocke weihen muss uns auch bewusst sein, dass Nordkorea immer noch an 1. Stelle im Weltverfolgungsindex steht.

Papst Franziskus sagte: Es ist nicht erforderlich. in die Katakomben oder ins Kolosseum zu gehen, um die Märtyrer zu finden: die Märtyrer leben jetzt in zahlreichen Ländern. Die Christen werden ihres Glaubens wegen verfolgt. In einigen Ländern ist es ihnen untersagt. ein Kreuz zu tragen: sie werden bestraft, wenn sie es doch tun. Heute im 21. Jahrhundert ist unsere Kirche eine Kirche der Märtyrer.“

Glockenschlag (Br. Odilo)


4. Glaubensbekenntnis

Das Glockengeläut ist auch ein Glaubensbekenntnis. Wir sprechen heute oft von einer säkularisierten Welt. die sich selbst genügt und welche die Frage nach Gott nicht mehr stellt. Die Klage ist laut, dass die Menschen unserer Zeit Gott vergessen leben.

Und das Läuten der Glocken erinnern uns daran, dass es keinen gottlosen Platz, keine gottlose Straße, keine gottlose Familie, keine gottlose Gemeinde gibt. Gott hat sich von den Menschen nicht losgesagt, Gott hat keinen Menschen vergessen. Das Geläut der Glocken ist das Flüstern Gottes in diese Welt hinein. Der hl. Benedikt bringt es mit den Worten zum Ausdruck: Wenn ihr seine Stimme hört verhärtet eure Herzen nicht und lebt in der Gegenwart Gottes.

Das Läuten der Glocken lässt sich nicht aussperren, Schallschutzfenster, doppelt isoliert, können das Geläut zwar dämpfen, aber die Klänge der Glocken erreichen alle Menschen. weil alle die gleiche Hoffnung haben. Das Geläut der Glocken fragt nicht einmal nach Konfessionen, nach Scheinen und Bescheinigungen, nach Kirchennähe oder Kirchenferne, nicht einmal nach dem Austritt: die Melodie der Glocken ist eine Erinnerung für alle Menschen, sich der Treue und Liebe Gottes zu vergewissern. Das ist die Botschaft. die ich heute an die große Glocke hängen will.

Glockenschlag (Br. Odilo)