Ansprache zum Requiem von Bischof Dr. Viktor Josef Dammertz OSB
Erzabt Wolfgang Öxler ( Am 6. März in St. Ottilien )
Liebe Sr. und Brüder!
Mit dem Tod von Bischof Viktor Josef hat sich ein reiches Leben erfüllt. Er war ein freundlicher und liebevoller Mitbruder, der tief in unserer benediktinischen Spiritualität verwurzelt war. Bitte sehen sie es mir nach, wenn ich jetzt nicht alle Lebensdaten erwähne, die sie ja auf dem Sterbebild ersehen können. Als ich diese Woche mit seinem langjährigen Bischofssekretär Dr. Christian Hartl gesprochen habe waren für ihn folgende Punkte im Leben von Bischof Viktor sehr wichtig. Demut, Sorgfalt, Humor, Kollegialität und Vertrauen
Demut,
Bischof Viktor Josef hat anscheinend das Zeremoniell bei der Beerdigung von Otto von Habsburg in Wien besonders beindruckend gefunden und wollte dieses Zeremoniell erst vor kurzem noch nachlesen.
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Otto von Habsburg wird im Sarg vor das Kapuzinerkloster in Wien getragen. Der Zeremonienmeister klopft an die Kirchentür der Kapuzinerkirche in Wien. Er verkündet alle Herrschertitel die Otto von Habsburg hatte. Die Stimme von innen sagte- Wir kennen ihn nicht.
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Es klopft wieder - von innen kommt die Stimme :Wer begehrt Einlass - Doktor Otto von Habsburg und Ehrenbürger - Mitglied von Akademien… Antwort von Innen - Wir kennen ihn nicht
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Wiederum wird angeklopft ! Wer begehrt Einlass? Otto von Habsburg. Ein sterblicher, sündiger Mensch - Antwort: so komme er herein!
Diese Szene hat Bischof Viktor Josef offensichtlich sehr bewegt. So wollte er auch an die Himmelstür anklopfen. Hier ist Bischof Viktor Josef ein sterblicher, sündiger Mensch.
Seine Bescheidenheit und Demut zeigte sich auch in der liebevollen Pflege des kranken Erzabt Suso. Das war für ihn selbstverständlich, diesen Dienst auch als Erzabt noch wahrzunehmen.
Sorgfalt
Bischof Viktor Josef zeichnete sich durch große Klarheit und fachliche Kompetenz aus und brachte auch schwierige Dinge ohne großes Aufsehen voran. Vielen Klöstern gerade auch Schwesternklöstern half er durch sein umfangreiches Wissen im Kirchenrecht. In einer großen Sorgfalt sorgte er dafür, dass die Schwester sich immer besser organisieren und austauschen können, was allerdings von höheren vatikanischen Stellen etwas misstrauisch beobachtet wurde. Auch in der Diözese Augsburg hat er damals durch seine Sorgfalt und Klarheit als segensreicher Brückenbauer gewirkt. Es ging ihm immer darum das Kirchenrecht als Stütze und Hilfe für die Menschen einzusetzen.
Sein Wahlspruch als Erzabt iter para tutum ( Bereitet dem Herrn einen sicheren Weg) der am Eingang unserer Schule zu lesen ist drückt auch etwas von seiner Sorge für einen sicheren Weg aus. Die Entscheidung zur Erweiterung unserer Schule durch einen Fertigbau ist ihm nicht leicht gefallen.
Humor,
Der Mensch dachte und Gott lachte…Diesen Satz gebrauchte Viktor Josef immer dann, wenn Gottes Wille ein anderer war als seiner.. So verbarg sich hinter seinem Humor und seinem verschmitzten Lächeln eine Gelassenheit, welche im Inneren seine Verfügbarkeit für Christus zum Ausdruck brachte.
So sagte er einmal sehr humorig: „Ich habe in den 90 Jahren meines Lebens viel Schönes und Gutes gesehen, daher spreche ich den zehnten Vers nicht mit, wenn wir im Stundengebet den Psalm 90 beten. „Die Zeit unseres Lebens währt siebzig Jahre, wenn es hoch kommt, achtzig. Das Beste daran ist nur Mühsal und Verhängnis“ heißt es dort. Ich wäre undankbar gegenüber Gott, wenn ich es täte.
Alt werden mit einem jungen Herzen! Das wäre die volle Reife die kostbare Frucht unseres Lebens. Ja sein Herz ist junggeblieben. Wir hatten Mühe im auszureden noch an den Exerzitien der Bischofskonferenz teilzunehmen.
Kollegialität
Kollegialität zeigte sich bei Bischof Viktor Josef darin, dass man jeder Zeit im Bischofshaus vorbeikommen konnte. So schrieb er:„Dank der frohgemuten Flexibilität der Köchin, einer der beiden Ordensfrauen, kann ich ohne große Umstände Gäste zu den Mahlzeiten einladen auch für Übernachtungen stehen Zimmer zur Verfügung. So kommt die Benediktinische Gastfreundschaft zu ihrem Recht.
„Für euch bin ich Abt, mit euch bin ich Mönch“. So bemerkte er und schrieb: „Schon als Erzabt habe ich mir angewöhnt, vor Entscheidungen die Meinung anderer zu hören, wie es der hl. Benedikt in der Ordensregel fordert. Dieses Verständnis von Zusammenarbeit habe ich später auch zu meinem Wahlspruch als Bischof gemacht, „Für Euch bin ich Bischof, mit euch bin ich Christ“. Dass ich das Motto nicht Lateinisch sondern für jedermann verständlich auf Deutsch gewählt habe, war für manche eher ungewöhnlich.
Im Frühjahr 1999 gründete er die Hilfsorganisation Pro Vita. Als emeritierter Bischof schreibt er: „Wir wollen das Netz der Unterstützung in unserem Bistum weiter stärken. Denn jede Frau, die ein Kind erwartet oder geboren hat, soll wissen: Ich bin nicht allein. Pro Vita will Mut machen, das Leben mit dem Kind zu wagen und zu meistern.“ Er wäre sicher auch ein segensreicher Brückenbauer beim synodalen Weg gewesen.
Vertrauen
Bischof Viktor Josef hatte immer ein großes Vertrauen zu den Menschen. Das haben mir Menschen in seinem Umfeld immer wieder bestätigt. Er hat seinen Mitarbeitern etwas zugetraut und hat damit auch viel Vertrauen in der Diözese und im Benediktinerorden geschaffen.
Sein großes und tiefes Vertrauen in Gott hat sich gerade auch in den letzten Wochen gezeigt. Seit 2015 lebte Bischof Viktor Josef in St. Ottilien auf unserer Krankenstation. Im vorigen Jahr durften wir noch seinen 90.Geburtstag feiern. Er selber stand hier am Altar und zelebrierte die Eucharistiefeier. Dieses Ereignis zu dem auch Kardinal Wetter gekommen ist hat ihn sehr berührt. Obgleich jetzt noch sein Wunsch gewesen wäre bei der Bischofsweihe in Augsburg unserem neuen Bischof Bertram Meier die Hände aufzulegen.
Er war trotz seines schlechten Sehvermögens ein eifriger Leser und bis zum Schluss völlig klar in seinem Denken, obgleich er seine Gedanken nicht mehr verständlich ausdrücken konnte. Er war ein eifriger Beter und nahm täglich an der Eucharistiefeier in unserer Krankenstation teil.
Auf dem Sterbebett verlangte er noch nach einem Bild vom Isenheimer Altar. Dieses Bild und seine Christusikone wollte er in seinen letzten Stunden des Leids als Stärkung vor Augen haben.
Bischof Viktor Josef hat sein Sterbebild selbst gestaltet. Es zeigt uns den Auferstandenen der uns entgegenkommt. Mich erinnert er auch an unsere Herz Jesu Darstellung hier im Hochaltar. Jesus öffnet seine Arme und lädt ein: „Kommt die ihr mühselig und beladen sein“. Und so ist es wunderbar, dass wir heute am Herz Jesu Freitag miteinander das Requiem für Bischof Viktor Josef feiern. Ist doch unsere Kongregation dem heiligsten Herzen Jesu geweiht. Credo – Cor dare – Ich gebe mein Herz. Jesus schenkt sich uns mit seiner ganzen Liebe, die nicht im Tod sondern in der Auferstehung endet.
In seinem tiefen Vertrauen an die Auferstehung wählte er aus dem Brief an die Thessalonicher jene Stelle aus, die wir die letzten zwei Tage immer in der Laudes hörten:
“ Wenn Jesus- und das ist unser Glaube- gestorben und auferstanden ist, dann wird Gott durch Jesus auch die Verstorbenen zusammen mit ihm zur Herrlichkeit führen. (1 Thess 4,14) Das war ihm wichtig!
Kardinal Marx sagte: „In Bischof Viktor Josef verlieren wir einen fürsorglichen Hirten, einen geschätzten Seelsorger und ein überzeugten Ordensmann.
Für mich persönlich bleiben 3 Dinge besonders in Erinnerung an unseren Mitbruder Bischof Viktor Josef.
1. Sein Hirtenstab, den ich heute beim Gottesdienst verwendet habe mag mich daran erinnern, selber in Demut, Sorgfalt, Humor, Kollegialität und Vertrauen meinen Dienst zu tun.
2. Mein Abtsring erinnert mich an ihn. Ich selber habe meinen ersten Abtsring im See Genezareth verloren. Bischof Viktor Josef hat mir seinen Ring nach einer kleinen Umarbeitung überlassen. Und so trage ich ihn mit an meinem Finger. Es ist das Christurmonogramm darauf, dass mich erinnern darf: „Mein Leben ist von der Treue und Fürsorge Jesu Christi umschlossen.
3. Für mich als Missionsbenediktiner von St. Ottilien bleibt ein Satz von ihm sehr einprägsam: „Nach innen ein Mönch, nach außen ein Apostel“!