Keine Strafe Gottes - Impuls von Erzabt Wolfgang Öxler OSB

OttilieKeine Strafe Gottes

Im heutigen Sonntagsevangelium (Joh 9,1-41) treffen Jesus und die Jünger auf einen Mann, der seit seiner Geburt blind ist – und die erste Frage der Jünger lautet: Wer hat gesündigt?  Wer hat gesündigt, dass so etwas passieren konnte? Er selbst – oder seine Eltern? Da muss doch was dahinterstecken, dass dieser Mann blind ist.
 Mir ist da gleich unsere Patronin die heilige Ottilia eingefallen. Auch sie wurde blind geboren und ist bei der Taufe sehend  geworden. Ihr Vater hat sie sogar wegen ihrer Blindheit verstoßen.  Ja, für die Menschen ist es sonnenklar: Diese Behinderung, dieses Unglück, das kann nur die Strafe Gottes sein für eine Sünde. ich fürchte, dieses Denken ist uns gar nicht so fremd. Wie oft haben wir nicht auch schon gefragt: Womit habe ich das verdient? – wenn uns etwas Schweres zugestoßen ist. Was habe ich falsch gemacht, dass ich so von Gott gestraft werde?

Aber hinter so einem Denken steckt ein sehr ungutes Gottesbild. Das Bild eines Gottes, der alles genau kontrolliert und beobachtet – und der dann gleich reagiert, wenn er eine Sünde in unserem Leben entdeckt. Es gibt auch jetzt hysterische Stimmen, welche die Corona-Pandemie als Straße Gottes zu deuten versuchen. Das ist für mich eine absolute Anmaßung, denn wer kann den Willen Gottes erkennen.
Ein Gott, der straft, wenn nicht alles so läuft, wie er es sich vorgestellt hat ist für mich ein wirklich schlimmes  Gottesbild. Denn so einem Gott ist man hilflos ausgeliefert – und vor dem kann man eigentlich nur Angst haben.
Jesus sieht das anders. Für ihn geht das Denken seiner Jünger in die ganz falsche Richtung. Was diese Männer da im Kopf haben, das ist nicht sein Gott. So wie sie von Gott denken, ist das nicht sein Vater. Und so muss Jesus eingreifen. Er muss ein deutliches NEIN sagen. Nein! Weder er noch seine Eltern haben gesündigt. Hier geht es nicht um einen Zusammenhang von Tun und Ergehen, nicht um einen Zusammenhang von Sünde und Leid. Denn Gott ist ganz anders. Denn bei Gott ist nicht wichtig, was war, sondern was sein wird und sein kann. Jesus will uns mit diesem Wunder die Augen öffnen: Zu einem größeren Blick auf Gott – mit mehr Liebe und mit mehr Vertrauen. Ich habe es in einem meiner Lieder besungen: „Größer denken von Gott.“ Denn Gott ist größer; er ist liebevoller und barmherziger als wir es uns überhaupt vorstellen können. Aber auch größer denken vom Menschen, damit der auch wirklich zu dem werden darf und kann, wozu Gott ihn auserwählt und berufen hat.


Heilige Ottilia bitte für uns !