„Eigentlich bin ich ganz anders ... Impuls von Erzabt Wolfgang Öxler OSB

Christus„Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu.“


Ödön von Horvath schrieb sein Volksstück „Zur schönen Aussicht“ im Jahr 1926: In einem herunter gekommenen Ausflugshotel mit selbigem Namen entwickelt sich ein bizarres Spiel zwischen Mitarbeitern und Gästen, die nicht mehr viel vom Leben erwarten. Jede und jeder ist nur darauf bedacht, seine eigenen Interessen zu verfolgen. Man macht sich etwas vor. Und den anderen auch. Als Komödie angekündigt, bleibt den Zuschauern das Lachen bald im Halse stecken. Es ist, als würde ihnen ein Spiegel vorgehalten. Der Autor konfrontiert mit den unterschwellig mitschwingenden Fragen: Wer bin ich eigentlich? Und: Wie komme ich zu dem, der ich eigentlich bin?

Udo Lindenberg singt in seinem Lied Ganz anders: „Eigentlich bin ich ganz anders.  Ich bin gar nicht der Typ den jeder in mir sieht… „ Was zeige ich von mir und was verstecke ich?
Eigentlich! Was hat dieses kleine Wort für eine Macht, das ich ständig anders lebe, als ich eigentlich bin!? Hinter dem kleinen Wort „eigentlich“ versteckt sich  die Ahnung eines ungelebten Lebens. Wie oft sagen wir das Wort „eigentlich“ und schieben dann die wesentlichen Dinge immer wieder auf.

Die Menschen sind oft unzufrieden. J. W. Goethe sagte es treffend  mit den Worten: „Der, der ich bin, grüßt traurig den, der ich sein möchte“.  Eckhart von Hirschhausen zeigt dies in einem lustigen Vergleich: „Ein Pinguin wird nie eine Giraffe sein!“ Er wird nie den ganz großen Überblick haben. Dafür ist er immer perfekt gekleidet! Wenn du also Pinguin bist, dann hast du’s gerne schlicht und elegant. Und du solltest auf jeden Fall versuchen, möglichst nah am Wasser zu leben. Als Giraffe wirst du bestimmt in der Savanne glücklicher als am Nordpol. Finde also heraus wer du bist und wo du hingehörst. Lerne dich kennen! Gerade in Krisenzeiten lernt man sich und andere am besten kennen.   

Wenn ich wieder einmal feststelle…

    • dass ich glaube eigentlich ganz anders zu sein, als ich mich gerade zeige…
    • dass ich mir manchmal ganz fremd vorkomme...
    • dass ich gerade nicht das lebe, was ich hauptsächlich leben möchte…

dann besinne Dich auf dein Leben und lass dich auf den ein, von dem alles Leben ausgeht. Er sagt uns zu „Ich bin das Brot des Lebens.  Ich bin die Auferstehung und das Leben“. Weil ER uns beisteht können wir auch zu uns stehen. Vor Gottes Antlitz darf ich mich so zeigen wie ich bin. Bei IHM kann ich das „eigentlich“ weglassen. „Du kennst mich o Herr, du durchschaust mich, Du kennst mich bis auf den Grund. (Psalm  139)

Einübung für die Fastenzeit
    • Benütze nicht das Füllwort „eigentlich“.
    • Du brauchst Dich nicht hinter Floskeln verstecken.
    • Barmherzig sein. Auch mit Dir selbst.
    • Damit rechnen, dass der Andere oder die Andere auch anders sein kann, als ich mir das vorgestellt habe.