Begreift ihr, was ich an Euch getan habe? - Impuls von Erzabt Wolfgang Öxler OSB

FusswaschungBegreift ihr, was ich an Euch getan habe?

Für meinen Abtsstab habe ich die Szene der Fußwaschung ausgewählt. Schreibt doch der hl. Benedikt, der Abt soll nicht herrschen, sondern dienen. Liebe heißt dienen. Dienen heißt sich beugen, sich zuneigen, den anderen dort behandeln, wo er „ganz unten“ ist. Petrus ist  zunächst peinlich berührt, dass Jesus ihm die Füße waschen möchte. Am Eingang unseres Kirchenportals sehen wir eine Darstellung, wie Petrus sich an den Kopf fasst, als Jesus ihm die Füße waschen möchte.  Jesus wäscht ihm nicht den Kopf, sondern die Füße.
Jesus ergreift die Initiative, wo wir Menschen doch immer gewohnt sind die Dinge selber in die Hand zu nehmen. ER berührt das, was ich an mir als schmutzig, unansehnlich verurteile, was ich am liebsten verdrängen möchte…ER berührt es, ER berührt mich… zärtlich und liebevoll. ER kennt meine Widerstände, meine verkopften Argumente und Abwehrmechanismen…
Wer Jesus nicht an sich handeln lässt hat keine Gemeinschaft mit ihm.  Jetzt in der Zeit des Abstands ist das wohl schwierig?  Nein! Ich glaube es gibt auch eine tiefe Berührung, obwohl wir uns tatsächlich nicht von Haut zu Haut berühren.  Oftmals bin ich von einem Wort, von einem Blick, von einem Brief oder Mail genauso berührt. Wieviel tatsächliche Berührungen dringen nicht in unser Herz? Wer sich von Jesus berühren lässt, ganz egal wie, der hat Anteil an ihm. Begreift ihr, was ich an Euch getan habe?

Sakrament der Fußwaschung

Am Gründonnerstag  sprechen wir vom Sakrament der Fußwaschung. Eucharistie und Fußwaschung werden zum Zeichen der Nähe Gottes. Das bedeutet Sakrament: der Unsichtbare wird spürbar in den Gaben von Brot und Wein und in der Zuwendung zum Menschen. Sakramente sind keine  Belohnung für die Vollkommenen, sondern Stärkung für die Gebrechlichen, so sagt es uns Papst Franziskus. Eucharistie und Fußwaschung sind die beiden Seiten einer Münze – sie gehören zusammen! Der, der sich uns im eucharistischen Brot schenkt, ist derselbe, der seinen Jüngern die Füße wäscht. Christus lässt sich nicht zerteilen. Er ruft auch uns in diesen Dienst. Teilhabe an seinem Leben, ist immer Teilhabe an seinem Dienst – Fußwaschung! Je mehr wir Christen uns von dieser Aufgabe einfangen lassen und uns selber zu den staubigen Füßen der Menschen gesellen, haben wir Teil am Leben Jesu – werden wir eucharistiefähig. Jesus setzt sich zu den Menschen mit staubigen Füßen  an einen Tisch und damit relativieren sich gewisse Unterschiede, die Menschen auseinander halten oder voneinander fern halten.  Er pflegte Tischgemeinschaft mit Frauen, Reichen, Sündern, Sklaven, Dirnen, Zöllnern. Wenn nun der Evangelist Johannes an die Stelle des Einsetzungsberichtes, den Bericht von der Fußwaschung setzt, dann heißt das doch, dass für ihn  die Gegenwart Jesu im konkreten Dienst am Mitmenschen genauso gegeben ist, wie bei der Feier der Eucharistie. Ganz in diesem Sinne ist ein Wort von Mutter Teresa zu verstehen, die einmal gesagt hat: „Ich kommuniziere jeden Tag zweimal: Einmal morgens in der Kapelle und das zweite Mal untertags draußen auf den Straßen von Kalkutta, wenn ich Christus in den Armen und Sterbenden begegne und berühre“.  So ist beim Eintritt in unsere Kirche auf der ersten Bodenplatte bei der Sibylla Delphica zu lesen: „in den Slums, im zerstörten Leib, in den Kindern sehen wir Jesus und berühren IHN, sagt Mutter Teresa“. Gründonnerstag feiern beinhaltet die Frage: Bist du bereit, dich von dieser Haltung Jesu prägen zu lassen?