Ist Gott wirklich in eurer Mitte? - Impuls von Erzabt Wolfgang Öxler OSB

RadHamsterrad  -  Geschichte vom Menschen,  der seine Mitte verlor

Der Mensch, der seine Mitte verlor. Es war einmal ein Mensch mit Wissen und Fertigkeiten, der sehr herzlich zu allen war. Deshalb wurde er sehr beliebt und gefragt. Aber weil er zu keinem "'Nein"' sagen konnte, war sein Herz immer weniger dabei: Er öffnete schließlich nur noch seine "'inneren Schubladen"', aus denen er verteilte. Je bekannter er wurde -und auf Ansehen und Anerkennung wollte er nicht verzichten-, umso mehr funktionierte er. Die Menschen sagten es ihm nicht, wenn sie etwas ohne Herz bekamen: Sie taten, als seien sie mit allem zufrieden.  Eines Tages brach dieser Mensch zusammen. Traurig erkannte er, ich habe meine Mitte verloren, weil ich glaubte, das alles leisten zu können. Ich wollte ja  keinen enttäuschen! Und er weinte sehr, als er merkte, dass er nicht mehr auf sein eigenes Herz gehört hatte.  Er hatte sich ja nie mehr Zeit genommen auszuruhen, um seine Mitte wieder mit Zärtlichkeit und Liebe zu füllen. (Verf. unbekannt)

Jesus trat in ihre Mitte

„Am Abend des ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, dass sie den Herrn sahen. Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch!“ (Joh. 20,19)

Leben   -   nicht funktionieren

Wer gerädert ist von der Fülle der Arbeit, befindet sich im Hamsterrad und ist auch in Gefahr seine Mitte zu verlieren.  Um was dreht sich unser Leben?  Eine Frau erzählte mir: „ Herr Erzabt, ich habe zwar immer gut funktioniert, aber nie richtig gelebt.“ Vielleicht ist so eine Krise auch die Chance mein inneres Rad anzuhalten und nachzudenken, wohin mein Leben mich geführt hat und führen möchte. Kein Musikstück wäre spielbar ohne Pause. Die Pause gibt dem Musikstück den Rhythmus. Sonst wäre das Stück ein einziger Brei. Worauf du achtest, das wächst in dir.


Um was dreht sich das Rad meines Lebens?

Höher, schneller, weiter   - lautet das Motto in unserer Gesellschaft. Hier dreht sich alles um Arbeit und Erfolg. Doch der Lebenserfolg hat nichts mit dem  Lebenssinn zu tun.  Vielleicht gilt auch hier der Ausspruch von Mark Twain: „Als sie das Ziel aus den Augen verloren, verdoppelten sie ihre Anstrengung.“ Oftmals dreht sich das Leben nur um den Besitz. In der Werbung erhalten wir den eindringlichen Hinweis: Wer mehr besitzt ist glücklicher. „Die Menschen haben viel wovon sie leben, aber wenig wofür sie leben!“   (V. Frankl)  Und da gibt es Menschen, die drehen sich nur um sich selbst. (Ego-zentrik).

Jesus der Mittler.

Die Mitte ist der Punkt, der stehen bleibt, wenn alles sich dreht. Die Not des Menschen könnte man vielleicht mit „Mitte-losigkeit“ bezeichnen. Damit wir leben können brauchen wir jemand der für uns wahre Mitte ist: Jesus der Mittler. Der Auferstandene  ist es, der in die Mitte der Jünger tritt, sie eint und ihnen neue Hoffnung zuspricht. Lassen wir uns diese Hoffnung auch vom Auferstandenen zusprechen Blicken sie nochmals auf das Rad.  Je mehr die Speichen des Rades zur Mitte kommen, umso näher kommen sie sich auch gegenseitig. Die Liebe zu Gott bringt uns auch zu den Menschen.


Das innerste Pünktlein

Das Gleichnis von Martin Buber bringt es auf den Punkt: „Wenn einer Führer wird, müssen alle nötigen Dinge da sein: ein Lehrhaus und Zimmer und Tische und Stühle, und einer wird Verwalter, und einer wird Diener und so fort… Und dann kommt der böse Widersacher und reißt das innerste Pünktlein heraus, aber alles andere bleibt wie zuvor, und das Rad dreht sich weiter, nur das innerste Pünktlein fehlt.  Der Rabbi erhob die Stimme: Aber Gott helfe uns: man darf`s nicht geschehen lassen.“