Der richtige Augenblick - Impuls von Erzabt Wolfgang Öxler OSB

 

SonneDer Augenblick ist das Gewand Gottes  ( Martin Buber )

Der richtige Augenblick

Um ein gutes Foto zu bekommen braucht es  den günstigen Augenblick   und die richtige Einstellung. Das ist sicherlich auch eine gute Voraussetzung für unser Leben, wie es folgende Alltagsgeschichte in einer Familie zeigt..

„Kannst du den Kindern noch gute Nacht sagen?“ rief die Frau ihrem Mann zu, als sie um acht Uhr aus dem Kinderzimmer kam.  „Ja“, rief der Mann aus dem Arbeitszimmer. , „ich muss nur noch einige Emails schreiben.“  Er kommt sofort, sagte die Mutter zu den Kindern, die beide noch aufrecht und wartend in ihren Betten saßen, weil sie dem Papa noch ein Bild zeigen wollten und mit ihm beten. Als der Vater mit seinen Emails fertig war und ins Kinderzimmer trat, schliefen die Kinder schon.

Keine sehr dramatische Geschichte. Und dennoch wurde hier der   günstige Augenblick  versäumt. Es hinterlässt das Gefühl, dass hier in einem wichtigen Augenblick, die Prioritäten falsch gesetzt wurden. Kennen sie  so etwas auch?

Kairos

Bei den Griechen gibt es einen Gott des günstigen Augenblicks. Das ist Kairos, ein geflügeltes Wesen, das auf Zehenspitzen daherkommt, leise und unmerklich, schnell wie der Wind. An der Stirn trägt Kairos einen lockigen Haarschopf, an dem man ihn packen kann, den günstigen Augenblick - sofern man ihn denn erkennt. Die günstige Gelegenheit ist nur von vorne zu ergreifen. Da sein Hinterkopf kahl ist, ist der Gott jedoch, wenn er einmal vorbei ist, auch nicht mehr zu fassen.
Am Ostermorgen gibt es auch so einen Gnadenkairos,  nämlich die "Magdalenensekunde".  So nennt der Schriftsteller Patrick Roth die alles entscheidende Wende in dieser Ostererzählung. Es ist der Augenblick als Maria Magdalena ihren Rabbuni erkennt.
Gibt es Augenblicke in ihrem Leben von denen sie heute noch zehren können? Immer wieder erzählen mir Menschen z.B. vom Augenblick ihres ersten Verliebt seins. Da gibt es viele Augenblicke, die die Grenzen des Alltags weiten, mich im Innersten berühren und eine geheimnisvolle Tiefe des Lebens zum Leuchten bringen. In ihnen blitzt auf, wie gut Gott das Leben von allem Anfang her für uns gedacht hat. Momente in denen mir klar wird, dass mein Leben nicht ohne Sinn ist. Ich möchte die Zeit anhalten. Möchte diesen einen Augenblick, wie Maria Magdalena, für immer festhalten, um ihn an trüberen Tagen wieder hervorholen zu können.

Leben ist in dem was ist, nicht in dem was sein könnte.

Es ist nur möglich in der Gegenwart zu leben. Die Zukunft und Vergangenheit kann ich nur denken. Leben in der Gegenwart Gottes prägt nach dem hl. Benedikt alle Bereiche des menschlichen Lebens, das Gebet, die Arbeit , den Umgang mit der Schöpfung und die Beziehungen zum Mitmenschen. Das ist eine  wichtige Einstellung. Hängt doch alles von meiner Wachsamkeit und  der inneren Einstellung ab, damit ich den rechten Augenblick erkenne. Genießen sie jetzt in diesen schwierigen Zeiten die Augenblicke der Ruhe. „Pflege das Leben, wo du es triffst.“  Es war für mich ein besonderer Augenblick als mir mit Blick auf das Hildegardkloster in Bingen,  der Satz der Heiligen in meine Gedanken aufleuchtete.  Aus diesem Augenblick ist ein Lied entstanden.
 

Pflege das Leben, wo du es triffst.

Pflege das Leben
wo du es triffst.
Lebe dein Leben
im Augenblick.

1. Schau auf die Blumen,
schau auf die Menschen.
Schau auf dein Leben,
Gott ist dir nah.

2. Hör mit deinem Herzen,
hör auf Gottes Stimme.
Hör die Zwischentöne,
Deiner Lebensmelodie.

3.Verkoste die Dinge,
fühle die Nähe.
Spüre was dran ist,
das macht dein Leben reich.

4. Gestern ist Gestern,
Morgen ist Morgen.
Heute ist der Tag,
spür Gottes Gegenwart   

(Text und Melodie: Erzabt Wolfgang Öxler OSB)