Gottes Kraft und Weisheit - Impuls von P Claudius Bals OSB

KreuzGottes Kraft und Weisheit

Wann sollen wir die Frage des Leides  und der Auferstehung stellen, wenn nicht jetzt in der österlichen Zeit und angesichts der Pandemie? Darum wollen wir uns nochmals der Leidfrage zuwenden. Lassen wir uns zum Kern der christlichen Botschaft führen. Warum Gott in seiner so herrlichen Schöpfung auch maßloses Leid, abscheuliche Sünde und Schuld zulässt, bleibt uns für menschliches Verstehen wohl ein unergründliches Geheimnis. Wir werden es mit unserem logischen Denken nicht erfassen können. Viele Kommentare aus der Politik, Gesellschaft und ebenso Prediger in den Kirchen weisen darauf hin, dass der Zustand, in den uns diese Krise gebracht hat, auch manch Gutes bewirkt. Das stimmt so. Aber es stellt sich doch die Frage, muss es so viel Elend, so viel Tote geben, dass der Mensch etwas vernünftiger wird, dass gute Verhaltensweisen zum Vorschein kommen? Und das vielleicht nur vorübergehend.

Seit knapp vierzig Jahren begleite ich in theologischen Seminaren verwaiste Eltern, Eltern die ein Kind verloren haben. Sehr hilfreich sind mir dabei Eltern, die bereits das Tal der Tränen durchschritten, neu im Leben Fuß gefasst und eine neue, wertvollere Lebenseinstellung gefunden haben. Doch ist der Preis, der Tod des eigenen Kindes, nicht viel zu hoch, für eine neue Lebenseinsicht,  eine neue Lebenseinstellung? Wir verstummen alle. Vor ein paar Tagen fragte ich eine Frau, die in diesen Wochen regelmäßig die Gottesdienste im Fernsehen verfolgte oder im Internet heruntergeladen hat, ob sie dabei auch einmal das Wort vom hl. Paulus vernommen hat: „Der Gekreuzigte - Gottes Kraft und Weisheit“ Sie musste es verneinen. Und doch bleibt es die letzte Antwort aus dem Glauben. Weil Jesus die Spirale des Bösen durchbrochen hat, dürfen wir in der Osternacht die glückselige Schuld, "o felix culpa", besingen und dürfen mit Dietrich Bonhoeffer vertrauen: "Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten Gutes entstehen lassen kann und will."

Es ist der Glaube, den uns der Apostel Paulus verkündet: Darum nochmals das ganze Zitat: "Wir predigen Christus, den Gekreuzigten: für die Juden ein Ärgernis und für die Heiden eine Torheit; für die Berufenen aber, Juden wie Griechen, Christus, Gottes Kraft und Weisheit. Denn das Törichte an Gott ist weiser als die Menschen und das Schwache an Gott ist stärker als die Menschen." (1Kor 18–25). Der scharfsinnige Menschenbeobachter und Psychologe Manfred Lütz hat ein Buch mit dem KZ Häftling Jehuda Bacon veröffentlicht („Solange wir leben, müssen wir uns entscheiden“) und ist dabei gründlich der Leidfrage nachgegangen. Ob Jehuda Bacon oder Dietrich Bonhoeffer oder Alfred Delp oder viele, viele andere  haben uns die Worte des hl. Paulus tiefsinnig ausgelegt und mit ihrem Leben bezeugt. Nicht weniger haben es uns auch ganz einfache Frauen und Männer im Alltag vorbildhaft vorgelebt. Fassen wir also Mut. Über jede Fragwürdigkeit hinaus, Gottes Kraft und Weisheit zu vetrauen, darin besteht der eigentliche Quantensprung des Glaubens. Im  Kreuz ist Heil, im Kreuz ist Leben, im Kreuz ist Hoffnung!