Was bleibt, ist meine Einmaligkeit - impuls von P. Claudius Bals OSB

SteinerIm März dieses Jahres verstarb P. Willigis Jäger, ein Benediktitner, ein sehr geachteter Meditationslehrer, der selbst ein Meditationszentrum, den Benediktushof, in der Nähe von Würzburg gründete. Er neigte dem Pantheismus zu. Markolf Niemz, ein Naturwissenschaftler, veröffentlichte vor kurzem im Herder-Verlag ein Buch mit dem Titel “Bin ich, wenn ich nicht mehr bin?“  Auf Grund von Erkenntnissen der Naturwissenschaft, von Beobachtungen über Nahtoderfahrungen und vergleichender Religionswissenschaft kommt er eben zu den Ergebnissen von P. Willigis Jäger, dem er offenbar sehr nahe stand. Fazit: Alles Leben endet in einem Meer von Liebe und Weisheit. Nicht wenige Christen neigen heute zu pantheistischen Auffassungen oder zur hinduistischen Lehre der Wiedergeburt.

Meiner Glaubensauffassung nach gehört jedoch der Erhalt und gerade auch die Vollendung jeder einzelnen Person zum größten Geschenk der christlichen Offenbarung.
Liebe ohne ein Gegenüber ist nicht vollziehbar, Weisheit ohne Mitteilung ist totes Kapital. Ganz anderes stellt Tilman Steiner in seinem schon erwähnten Buch „Die Anschauung der Welt“ (Europa-Verlag) die polare Wirklichkeit der Schöpfung vom kleinsten Teilchen bis zum Menschen dar. In diesem Sinn ließ er im vergangenen Jahr einen Bildstock im Heutal vor den Tauernalpen als zwei Säulen errichten, wie Sie ihn im Bild sehen können.

Machen wir einen weiten theologischen Sprung zur Offenbarung Gottes als den dreifaltig einen. Mit Dreifaltigkeit ist nichts anderes ausgesagt, als dass Gott Liebe ist. Er ist in sich kein Monolith, ein Objekt aus einem Stück, sondern lebendige Beziehung, liebender Austausch in sich selbst.
Wenden wir uns der Person Jesu zu. Alle seine Begegnungen sind lebendige Beziehungen, sind liebendes Angebot an den einzelnen Menschen, gerade auch über seine Auferstehung hinaus.
Wunderschön schildert der Evangelist Johannes die Begegnung des Auferstandenen mit Maria von Magdala. (Jo 20,11-18)

Gleich dreimal werden die Tränen von Maria angesprochen: Von ihr selbst werden die Tränen beim Grab berichtet und sowohl die Engel wie Jesus selbst fragen nach dem Grund ihrer Tränen. In diesem Meer von Tränen erfüllt sich an Ort und Stelle ihre eigene geistige Auferstehung. Nicht dadurch, dass sie Jesus mit ihre leiblichen Augen hätte erkennt können, denn sie meint ja, den Gärtner zu sehen, auch nicht mit einer körperlichen Berührung kann sie sich vergewissern, indem sie Jesus in die Arme nimmt. "Berühre mich nicht!" weist Jesus sie zurück. Allein von Person zu Person vollzieht sich die Erkenntnis. Jesus spricht sie inwendig an. Er nennt sie beim Namen und sagt mit "Maria" alles, was Maria ist und war, sagt mit Maria alles, was ihre Freundschaft je verband. Eine Begegnung zwischen zwei Welten. Maria noch in dieser Welt - Jesus schon  in der anderen. Aus dem Fluss der Tränen dieser Welt tritt Maria in ein neues Leben, in ein schon jetzt auferstandenes Leben, weil sie, die noch in dieser Welt lebt, bereits Ewigkeit, bleibende Liebe und und imerwährende Freundschaft erfahren darf.