Von der Gerechtigkeit Gottes - Impuls von P. Claudius Bals OSB

BluetenAn dem schon erwähnten Bildstock, mit zwei Säulen gestaltet, hat unser Freund Tilman Steiner ein Zitat von P. Remigius, inzwischen 93 Jahre alt, auf einer Bronzetafel anbringen lassen:

Wie schön ist die Welt mit ihren sichtbaren Zeichen einer unsichtbaren Wirkllichkeit.”

Unsere Lebenswahrnehmung teilen wir in gewohnter Weise in drei Bereiche ein: Schönheit, Liebe und Wissen. Manchmal fragen Menschen, was der Sinn des Lebens ist. Er besteht wohl darin, dass wir die Ausstattung des Menschen nach Möglichkeit und Kräften im Blick auf unser ewiges Sein ausschöpfen.

Es ist zunächst die Schönheit, der wir uns mit all unseren Sinnen und aller Kraft unseres Geistes zuwenden dürfen und sollen. Natur und Kultur bieten einen unendlichen Schatz. In gleicher Weise gilt das für die Liebe, ob in der Partnerschaft und Familie, ob bei jeder Freundschaft und im Dienst am Nächsten. Die Überwindung des Ego macht unser Herz feinfühlig und wir werden glücklich mit einem “geweiteten Herzen”, wie uns der hl. Benedikt lehrt, “den Weg der Liebe Gottes gehen.”

Zugleich weist uns Benedikt auf die grundlegende Eignung für eine monastischen Lebens hin, nämlich das Suchen nach Gott. Damit ist umfassend die geistige Aufgeschlossenheit nach Erkenntnis und Einsicht, das Erschließen der Sinnfrage des Lebens, die Freude an neuem Wissen und jedes Licht, das uns aufgeht, gemeint.

Nun wäre das alles pure Schwärmerei, wenn wir nicht auch das Schicksal der Massen von benachteiligten Menschen bedenken würden. Doch gerade ihnen wendet sich Jesus zu. Darum wird er zum Heiland und Retter der Welt. Gerade ihnen verspricht er das Himmelreich.

Bei all dem, was ich bereits über das Leid geschrieben habe, gilt es darüber hinaus auch unser endgültiges Sein in Gott zu bertachten. Was immer das Leben uns bietet und wir es auch in der rechten Weise nützen sollen, bleibt die Frage nach der Gerechtigkeit Gottes.  Oftmals fordern gerade die frömmsten Seelen die Gerechtigkeit Gottes, indem sie den größeren Lohn für sich und die heftigere Strafe für die Bösen erwarten. Wenn unser Leben gelingt, dann sollen wir unendlich dankbar für diese Gnade sein. Wo bleibt die Gerechtigkeit Gottes in diesem Leben, ist nicht nur die berechtigte Frage, ja der verständnisvolle Schrei all derer wie immer Benachteiligten in dieser Welt.

”Ich will, sei rein!” sagte Jesus zu dem Aussätzigen. Dieses Wort wird er einmal zu uns allen sagen, wenn er uns in das Reich seines Vaters aufnimmt. Er wird es sagen zu dem Kind, das schon frühzeitig gestorben ist. Er wird es zum Vollalter des Menschseins führen und dem alten Menschen wird  er “wie dem Adler die Jugend erneuern.” (Ps 102,5) Wer behindert war, wird das volle Glück seiner Person erfahren  dürfen und wer verzweifelt aus dem Leben geschieden ist, wird sich endgültig der beglückenden Schau des Geistes erfreuen dürfen. Erstrahlen wird jeder einzelne von uns im Glanz seiner einmaligen und unverwechselbaren Persönlichkeit. Jeder bekommt den einen und gleichen Denar und zu jedem wird er sagen: “Noch heute wirst du bei mir im Paradiese sein.”  (Lk 23,43) Und Gott wird mit uns ein Fest feiern wie der barmherzige Vater mit seinem verlorenen Sohn. Denn Gott übt in seiner Liebe nicht nur Barmherzigkeit. Seine Liebe ist die Barmherzigkeit selbst.