Symposium - Sankt Ottilien und seine jüdische Geschichte 1945-48

SymposiumSankt Ottilien - das Benediktinerkloster und seine jüdische Geschichte 1945-48

Jüdische Kinder und Glockenklang hätten ihn empfangen, schrieb der jiddische Dichter Leivick Halpern (bekannt als H. Leivick) über seine Ankunft in St. Ottilien im Frühling 1946. Tatsächlich war das Kloster der Missionsbenediktiner zwischen 1945 und 1948 eine unfreiwillige Station für über 5.000 jüdische Überlebende aus Osteuropa. Hinter ihnen lag das Grauen der Schoa, vor ihnen eine ungewisse Zukunft. St. Ottilien, idyllisch gelegen, medizinisch gut aufgestellt und durch die eigene Landwirtschaft ausreichend versorgt, wurde für sie zu einem Ort der Genesung und Erholung, aber auch des Wartens und Hoffens. Die dreijährige jüdische Geschichte des katholischen Klosters begann Ende April 1945. Im Glauben, einen deutschen Zug zu bombardieren, trafen die Alliierten die dort eingesperrten jüdischen KZ-Häftlinge aus den Kauferinger Außenlagern. Die verletzten Überlebenden wurden in das seit 1941 in St. Ottilien existierende Wehrmachtslazarett gebracht, wo sich zu diesem Zeitpunkt um die tausend deutsche Soldaten befanden.

Von den alliierten Streitkräften erhielten die Ausländer, die sich kriegsbedingt nicht in ihrer Heimat befanden, die Bezeichnung Displaced Persons (DP). Nach und nach entwickelte sich in St. Ottilien ein jüdisches DP-Krankenhaus, daneben entstanden ein Lager und ein Geburtenhaus, in dem über 400 jüdische Kinder auf die Welt kamen. Betreut wurden die Kranken und Rekonvaleszenten von deutschen Ärzten und Krankenschwestern, von Nonnen und Mönchen sowie zunehmend auch von jüdischem Pflegepersonal. Rasch bauten die Überlebenden notwendige Alltagsstrukturen – vorwiegend auf Jiddisch – auf: eine Betstube, einen Kindergarten und eine Talmudschule, eine koschere Küche, Sport- und Schachklub, Berufsausbildungskurse und politische Parteien. Das berühmt gewordene Musikorchester aus St. Ottilien trat in den DP-Lagern der gesamten amerikanischen Besatzungszone auf. Der erste medizinische Leiter des Krankenhauses Dr. Zalman Grinberg avancierte zugleich zu einer zentralen Figur der jüdischen Selbstverwaltung in Bayern.

Nach der Rückgabe des von den Nationalsozialisten beschlagnahmten Klosters an den Benediktiner-Orden im Sommer 1945 kehrten nach und nach die Mönche aus der Zwangsarbeit und vom Militärdienst zurück. Die Situation, die sie im Kloster vorfanden, war nicht einfach: Der Wohnraum war knapp, die Ausübung der Religion erschwert und Auseinandersetzungen mit der amerikanischen Militärverwaltung, mit der Lager-Selbstverwaltung sowie den internationalen Hilfsorganisationen daher fast unvermeidlich.

Diese besondere Zeit direkt nach Kriegsende, geprägt durch das Zusammentreffen von Religionen, die Begegnung von Juden und Deutschen sowie den Alltag des DP-Krankenhauses und -Lagers, bildet eine bisher fast unbekannte Facette der Klostergeschichte und steht 2018 im Mittelpunkt eines vielfältigen Programms.

Ein Projekt der Abteilung für Jüdische Geschichte und Kultur am Historischen Seminar der Ludwig-Maximilians-Universität München, der Erzabtei St. Ottilien und des Jüdischen Museums München.

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10. Juni 2018

14.00 Uhr: Eröffnung der Ausstellung SanktOttilien das Benediktinerkloster und seine jüdische Geschichte 1945–48 in der Galerie St.Ottilien in Zusammenarbeit mit demHistorischen Seminar der LMU München und demJüdischen Museum München Grußworte: Erzabt Wolfgang Öxler, Schirmherrin Dr. h.c. Charlotte Knobloch, Landrat Thomas Eichinger, Bürgermeister Josef Loy, Eresing Eröffnung: Jutta Fleckenstein(Jüdisches Museum München)

15.30 Uhr: Gespräch mit Michael Brenner:Jüdisches Leben im Bayern der Nachkriegszeit(Moderation: Thorsten Otto, Musik: Susanne Weinhöppel)

18.00 Uhr: Eröffnung des internationalen Symposiums durch P. Cyrill Schäfer (Erzabtei St. Ottilien) und Evita Wiecki (LMU München)

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Symposium vom 10. Juni 2018 bis 12. Juni 2018

Sankt Ottilien – das Benediktinerkloster und seine jüdische Geschichte 1945–48 Neue Beiträge zur Displaced Persons – Forschung in Bayern

Vom 10. bis 12. Juni 2018 findet in St. Ottilien ein internationales Symposium statt, das weiteren Aspekten der DP-Geschichte im Kloster St. Ottilien wissenschaftlich nachgeht. Neben der Geschichte des Krankenhauses selbst (seit 1941) werden die Biographien bedeutender Persönlichkeiten, das Zusammenleben der unterschiedlichen Gruppen, der Alltag im DP-Lager, das jüdisch-religiöse und kulturelle Leben in St. Ottilien sowie die Migrationswege und Lebensgeschichten von Kindern – neben zahlreichen weiteren Aspekten – thematisiert.

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Ausstellung und Rundgang vom 10. Juni 2018 bis 23. September 2018

Die neue Außenbeschilderung des Klostergeländes wird die Nutzung des kirchlichen Areals als jüdisches Displaced Persons-Krankenhaus und -Lager erfahrbar machen. Die Ausstellung in der Galerie des Klosterladens vertieft dabei ausgewählte Aspekte der Geschichte von St. Ottilien in den Jahren 1945-48.

Ort: Galerie im Klosterladen, St. Ottilien
Eröffnung: 10. Juni 2018, um 14 Uhr
Laufzeit: 10.06.2018-23.09.2018

Es besteht die Möglichkeit, an geführten Rundgängen über das Klostergelände und die Galerie teilzunehmen.

Termine: 08.07.2018, 05.08.2018 sowie 02.09.2018, jeweils 14 Uhr
Treffpunkt: Infotafel am Parkplatz/Gasthaus
Anmeldung unter: E-Mail fuehrungen.jmm@muenchen.de oder Tel. +49 89 2885164 23.

Weitere Termine nach Absprache möglich. Jüdisches Museum München St.-Jakobs-Platz 16, 80331 München www.juedisches-museum-muenchen.de +49 89 2885164 23 fuehrungen.jmm@muenchen.de

Öffnungszeiten: Dienstag – Sonntag 10-18 Uhr
Schließtage: 11.9. (Rosch Haschana) und 19.9.2018 (Yom Kippur)

Erzabtei St. Ottilien 86941 St. Ottilien www.erzabtei.de +49 8193 71 711 cyrill@ottilien.de
Öffnungszeiten Galerie im Klosterladen: Montag – Freitag 10:00-12:00 Uhr und 13:30-17:00 Uhr Samstag 10:00 -12:00 Uhr und 13:30-16:00 Uhr Sonn- und Feiertage durchgehend von 10:30-16:00 Uhr Der Eintritt ist frei.

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